Frage      Die Witwe gehört dem Bruder
Wie kaum ein anderes Werk der Weltgeschichte tritt die Bibel die Würde der Frau immer wieder mit Füssen. Ein solches Beispiel ist die Leviratsehe, die besagt, dass eine Frau, deren Mann gestorben ist, ungefragt in den Besitz seines Bruders übergeht.

(5. Mose 25,5-6) "Wenn jemand stirbt und hinterlässt eine Frau, aber keine Kinder, so soll sein Bruder sie zur Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen erwecken."

Mit keinem Wort wird auch nur in Erwägung gezogen, nach den Bedürfnissen der trauernden Witwe zu fragen.

Man könnte nun leicht annehmen, dass diese für unsere Ohren hartherzige Regel durchaus Sinn in einer archaischen Stammes- gesellschaft, einer sozial ungesicherten Welt macht. Die Frau wäre ohne einen sie ernährenden und beschützenden Mann einfach verloren gewesen. In diesem Fall muss man aber fragen, warum diese Regel eine Frau mit Kindern ausschließt. Die Antwort ist einfach: Weil der neue Ehemann nicht auch noch die Kinder seines Vorgängers miternähren möchte.

Wie man dieses Gebot auch interpretiert, es hätte in jedem Fall das Einverständnis der Frau miteinbeziehen können ohne dadurch ihre soziale Berechtigung zu verlieren.

Die Frau ist nach biblischer Auffassung nur eine rechtlose Gebärerin. Ihre Aufgabe ist es, den Samen des Mannes - der angeblich alles zum Leben Notwendige enthalten soll - auszutragen, mehr nicht. Man wusste nichts vom Ei der Frau und glaubte, wie der Same des Korns in die Erde gelegt wird, lege der Mann den Samen in die Frau. Biblisches Wissen!

Auch Jesus hatte keinen Grund gesehen, die alttestamentarische Regel von der willkürlichen Weitergabe der Frau in Frage zu stellen.

Das Gebot war für ihn selbstverständlich und der Evangelist Markus (Mk 12,18-27) berichtete sogar, dass diese Frau an einen nächsten Bruder weitergegeben werden konnte, wenn sie dem ersten keine Kinder geboren hatte. Ja, sie konnte so lange weitergereicht werden, bis sie endlich Kinder zur Welt brachte.

Wenn die Frau ihre Aufgabe des Gebärens also nicht erfüllen konnte, durfte man sie dem Nächsten abgeben. Warum hätte man sie auch weiter ernähren sollen?

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©Johannes Maria Lehner
 
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