Frage      Die Bibel sagt: Es gibt mehr als einen Gott!
Vielleicht war der Schöpfergott bei der Erschaffung der Welt gar nicht allein in seiner himmlischen Werkstatt, denn in einem der ersten Verse der Bibel werden mehrere Urheber vorgestellt (1. Mose 1,26): "Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei." Das klingt nach mehr als nur einem Gott. War der Mensch vielleicht ein Gemeinschaftsprojekt? Spricht aus diesen Zeilen noch der alte Kult um mehrere Götter in den himmlischen Gefilden?

Es wäre auch dumm, anzunehmen, der Glaube an einen einzigen Gott sei eine ethische Weiterentwicklung von einem Glauben an mehrere Götter. Dafür gibt es keinen vernünftigen Grund. In unserer irdischen Welt käme auch niemand auf die Idee, die Wiederherstellung der Monarchie sei ein gesellschaftlicher Fortschritt.

Hier sollten wir kurz präzisieren: Der biblische Monotheismus behauptet eigentlich nicht, dass es nur einen Gott gibt, sondern lediglich, dass man einen der Gottheiten als den (5. Mose 10,17) "Gott aller Götter" anzuerkennen habe.

Gäbe es nur einen einzigen Gott, müsste der biblische Gott seine Menschenkindern nicht dauernd vor "fremden Göttern" warnen und ihnen deren Anbetung mit drastischen Strafen verbieten.

Im ursprünglichen, hebräischen Text wird für "Gott" das hebräische Wort "Elohim" verwendet, was unzweifelhaft "Götter" bedeutet. In der katholischen Einheitsübersetzung lesen wir deshalb (5. Mose 32,8): "Als der Höchste (der Götter) die Völker übergab, als er die Menschheit aufteilte, legte er die Gebiete der Völker nach der Zahl der Götter fest." Ein klares Zugeständnis zur Vielgötterei.

Martin Luther missfielen diese Zugeständnisse an den Polytheismus und er ersetzte recht eigenmächtig die "Götter" durch die "Söhne Israels". An Moses Ausruf hingegen änderte er nichts (5. Mose 10,17): "Denn der Herr, euer Gott, ist der Gott aller Götter."

Die Geschichte der letzten zweitausend Jahre hat übrigens deutlich gezeigt, dass die monotheistischen Kulturen die gewalttätigsten unter allen Völkern waren und es bis heute sind.

Die Römer und Griechen störten sich damals an einem Gott, der dauernd ruft: "Ich bin der Herr! Ich bin der einzige Herr!"

Die Vorstellung eines exklusiven Paktes zwischen einem einzigen Gott und einem auserwählten Volk kannte keine Parallele im Heidentum. In ihrer reichen Welt der Götter und Göttinnen herrschte Toleranz. Eigene Kulte konnten sich mit fremden verbinden und es war durchaus möglich, zu verschiedenen Gottheiten zu beten.

Der deutsche Philosoph Arthur Schopenhauer brachte es auf den Punkt, als er sagte, "Intoleranz sei nur dem Monotheismus wesentlich". Die Bibel behauptet, dass es neben dem einen Gott des Christentums noch andere Götter im Universum, im Himmel, auf Erden, in anderen Dimensionen oder wo auch immer gibt.

Immer wieder werden die Menschen dazu angehalten (2. Mose 20,3): "Du sollst keine anderen Götter haben neben mir" und es wird ihnen verboten, (2. Mose 23,13) "andere Götter anzurufen."

Gäbe es keine Konkurrenz, würden solche Gebote wenig Sinn machen. Das Alte Testament verbietet zwar den Kult um fremde Götter, leugnet aber mit keinem Wort ihre Existenz.

Die Bibel verlangt also nur, den anderen Gottheiten nicht zuzuhören und nicht an sie zu glauben. Es müssen demnach schlechte Götter sein, die uns irgend etwas antun wollen, könnte man meinen.

Oder sie haben bessere Argumente, die uns überzeugen und von unserem biblischen Gott abwerben könnten. Rührt daher die Angst vor der himmlischen Konkurrenz?

Hört sich das alles nicht irgendwie seltsam an?

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©Johannes Maria Lehner
 
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